Weniger ist mehr: Lasst die Kinder aus der Schule!

Heute wieder Videokon mit einer meiner 5. Klasse. Kann Euch sagen, den Kids geht’s nicht gut – das liegt aber nicht daran, dass sie aktuell gern wieder in ihre vollen Klassen zurückwollen, null. Das möchte kein einziges Kind. Im Gegenteil, am liebsten hätten wir alle gern noch eine Woche länger Ferien. Beides hat die gleichen Ursachen: auch die Kids sind massiv erschöpft davon, neoliberale Logik von Marktwirtschaft eingehämmert zu bekommen, die ihnen jeglichen Spaß und alles verbietet, das Freude macht, vor allem das Freunde sehen, während sie aber bis zu nunmehr 8 Stunden täglich vor den Arbeitsblättern ihrer Klassenleitung sitzen (NICHT ich!!) und seit knapp einem Jahr wie Zinnsoldaten funktionieren sollen – das hat mich als Kind selbst an den Rand der Schulverweigerung gebracht, schon ohne Pandemie.

Auch die Kids verstehen nicht, was gut daran und „in ihrem Interesse“ sein soll bei Minusgraden im Raum zu sitzen, frierend über Büchern, die Wahl zwischen Grippe und Covid ohne Abstand zu Menschen, die sie auch gern in ihrer Freizeit sehen würden, was jedoch verboten ist; ich tu gar nicht erst so, als ergäbe es einen Sinn und unterstütze ihre guten, schlauen Fragen … – Wir haben also heute kein Englisch gemacht. Sie haben vor allem erzählt, ich habe versucht, aufzufangen, denn am Ende ging es hauptsächlich um ihre Versagensängste und ihre Erschöpfung – nochmal, ich erzähle von 10- und 11jährigen! Und das ist nicht Covid sondern das Schulsystem, das hier überall auf einmal gepriesen wird, als läge es eine Stufe vorm Nirvana …

Ich habe mir also erlaubt laut zu sagen, dass Arbeitsblätter auch liegengelassen und eben nicht bearbeitet werden dürfen; dass zu viel einfach zu viel ist, und dass es ohnehin nichts gibt, was sie schulisch sorgen und belasten sollte – nicht ist verloren, alles kehrt wieder, alles ist lernbar, ob jetzt oder morgen. – Falls Ihr Eltern seid: Was Eure Kids nicht brauchen, ist noch mehr Druck und Angst davor, künftig keine guten Aussichten mehr auf tolle Berufe etc zu haben, weil sie im Grundschulalter (!) bereits denken, sie hätten versagt und sich ihre Zukunft verbaut; was sie brauchen, sind zuverlässige Eltern mit bedingungsloser Liebe. Diese Annahme unabhängig von Leistung ist das, was Menschen wachsen lässt und ihnen Selbstvertrauen wie Mut schenkt. Beides werden sie brauchen. Helft ihnen dabei und lasst die Schulen ihnen nicht auch das noch rauben.

Für die, die hier Kids benutzen um den Lockdown beenden zu wollen: Zumindest meine SchülerInnenschaft vermisst nicht die Schule mit ihrer 45 min Taktung, das mehr oder minder fremdbestimmte Lernen, dass mehr oder minder Lehrkörperfokussierte, das mehr oder weniger regelmäßige Beschämen und Vorführen – nein: Sie vermissen ihre Freundinnen und Freunde. Die Schule ist ihr Kompromiss dafür, und als Erwachsene kann ich sagen, es ist ein verdammt schlechter …


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